Sowohl als Beweis der Zuneigung unter Liebenden als auch als Mitbringsel für Gebrechliche und Kranke hat sich der Blumenstrauß seit langem etabliert. Und dass, obwohl schon früh eindeutige wissenschaftliche Erkenntnisse vorlagen, die nicht recht zum sauberen Image der bunten Gewächse passen wollen. Die Waldecker Intelligenzblätter versuchten sich an einer Aufarbeitung des Themas.
Von der Schädlichkeit der Blumen in den Zimmern
Wir dürfen zuvorderst nur auf gemeine Erfahrungen sehen, um von der Schädlichkeit der Ausdünstungen der Pflanzen in verschlossenen Gemächern versichert zu werden. Viele Personen von zärtlichen Nerven werden vom Schwindel, oder doch einer gewissen Betäubung überfallen, wenn sie in ein Zimmer kommen, Violen oder Mösch (Asperula odorate L. = Waldmeister) duften,mit welchem letzern man besonders in Hollstein so unbedachtsam Kränze in Betten aufzuhängen pflegt.
Es sind verschiedene Fälle von Damen bekannt, die von dem Geruch einer Hyacinthe in Ohnmacht fielen; andere wurden von dem Duft eines Strausses betäubt, den ihre Nachbarin am Busen trug. Wir dürfen nur ein lange verspertes Gewächshaus vor uns öffnen lassen; man empfindet gleich beim Eintritt eine gewisse Bedrängung, die sich erst dann wieder verliert, wann wir an die freie Luft zurück kommen. Der Schlaf im Gewächshaus ist ausserst gefährlich.
Versuche, die man mit einer von den Ausdünstigungen der Pflanzen angesteckten Luft anstellt, überzeugen noch mehr; und diese Versuche kann ein Jeder leicht selbst machen. Man darf nur eine Lilie, Rose, Tuberose, die man abgeschnitten hat, unter eine Glasglocke setzen, und das Eindringen der aussern Luft verhüten, z. B. wenn die Glocke in einen Teller mit Wasser gestellt wird. Nach einigen Stunden wird die eingeschlossene Luft nicht allein ein hineingebrachtes Licht mehrmals auslöschen, zum Beweise ihrer tödlichen Eigenschaft, sondern auch ein Thier, das man sie atmen lässt, plötzlich ersticken.
Priestlen hat verschiedene Versuche dieser Art bekannt gemacht; allein die, welchen Ingenhouß anstellte sind überaus zahlreich und merkwürdig. Wenige Blumen von Geißblatt wurden unter ein Gefäß, worinn ohngefähr eine Pinte ging, gesetzt; nachdem sie drei Stunden lang im zimmer gestanden hatten, war die Luft im Gefäß so verdorben, daß darin kein Licht brennen konnte. Eine gleiche Anzahl dieser Blüten ward über Nacht in einem Gefäß von derselben Größe aufbewahrt; sie verdarben die Luft, daß ein Thier darin hätte sterben müssen. Ähnliche Versuche stellte Ingenhouß mit Früchten an, und waren ihre Ausdünstungen ebenso schädlich, als die von Blumen. Eine Pfirsche vergiftete in wenigen Stunden einen Luftraum ganz, der sechsmal so groß, als ihr körperlicher Inhalt war; ja selbst mitten im Sonnenschein macht sie eine Menge Luft zur Ernährung einer Flamme ganz untauglich. Ein Duzend grüne Bohnen verdarben in einer Nacht in einem Gefäß von zwei Nöseln (ungefähr 0,8 -0,9 Liter) enthaltende Luft so sehr, dass ein junges Huhn in weniger als 20 Sekunden starb.
In einem Topfe, den Ingenhouß zum drittel Theil mit reifen Maulbeeren gefüllt hatte, war die Luft so verdorben, dass es Licht nicht fortbrennen wollte. Viele andere mit den Früchten wiederholte Versuche bewiesen immer die Schädlichkeit ihrer Ausdünstungen. (…)
Einige Blumen sind besonders schädlich, als die Blüten von Geißblatt, wovon die angestelte Luft noch den ganzen Wohlgeruch behält, die Orangenblüte, die Ringelblume, die weißen Lilien, die Narcissen, die Rosen und andere von starker Ausdünstung. Auch die Ausdünstungen von Kräutern, besonders unserm Mösch, und von grünen frischen Birkenzweigen, womit wir in Hollstein um die Zeit des Pfingstfestes unsere Wohnung ausschmücken, sind gefährlich.
Es ist leicht zu begreifen, das diese Gefährlichkeit der Ausdünstungen steigen, je beträchtlicher die Menge der Pflanzen, Blumen und Früchte ist, je kleiner das Zimmer ist, je seltener es dem reinigenden Winde eröffnet wird und je zärter das Nervensystem der Personen ist, die in einer solchen angestelten Luft wohnen. Ein Strauß, ein paar Blumen in einem geräumigen Zimmer, können wenig schaden, allein wo sich ein Kranker befindet, da ist schon eine größere Vorsicht nötig.
Am Tage schaden die Blumen weniger, wenn sie dem gehellten Licht der Sonne ausgesetzt sind. Stehen sie an einem von den Fenstern entfernten und etwas dunkleren Orte, so werden sie schon die Luft mehr verderben. Zur Nachzeit sind sie am gefährlichsten, zumal wenn sie in ihrer vollen Blüte stehen.
Man weiß, dass verschiedene Pflanzen ihrer verderblichen Ausdünstungen wegen berüchtigt sind. (…) Der weiße Diptam, eine bekannte Pflanze haucht zur Zeit der Blüte eine entzündliche Luft aus, die des Nachts, wenn man ein Licht an die Pflanze bringt, so wie jede andere entzündbare Luft, leuchtet; Diptamblumen im Bette würden tödlich sein.
Die Ausdunstigungen des Wallnussbaums sind vielen Personen beschwerlich. Unter den Versuchen, die Ingenhouß mit den Blättern von Eichen, Linden, Kirschlorbeer und des Wallnussbaums
anstellte, hatten die letztern die Luft am meisten verunreinigt; sie war sie war zum Athenholen untauglich, und löschte eine Flamme aus.Man hat so manche Beispiele von Personen, die in ihrem Bette erblaßt gefunden wurden, und wo man keine andere Ursache ihres plötzlichen Todes entdecken konnte, als die vielen Blumen, die sich im Zimmer befanden. Einigen unläugbare Fälle dieser Art sind wirklich von beobachtenden Männern aufgezeichnet.
Cromer erwähnt eines Bischofs von Breslau, der von den Ausdünstungen der Rosen erstickt ist.
Triller berichtet, daß ein junges Mädgen an einer Erstickung von Violenduft gestorben, und das eine Gräfin zu Salm durch eben einen solchen Zufall ihr Leben verlohren.
Im Jahr 1764 erwachte zu London eine junge Dame, die mit ihrem Mädchen in einem mit Blumen angefüllten Zimmer schlief mit einer schrecklichen Angst, und hatte kaum noch so viel Kraft, um ihre Bettgesellschafterin zu wecken, die sich noch nicht so sehr ermattet befand. Diese stand auf, öffnete das Fenster; aber beide konnten sich nicht her wieder erholen, bis sie die Blumen aus dem Zimmer geworfen hatten.
Eine junge Dame aus Toulouse, die ihr Gemach mit Blumen zu schmücken gewohnt war, wäre im Frühling 1780 bald ein Opfer ihres Lieblingsgeschmacks geworden. Ihr Schlafkabinett war voll Springen. Diese hatten die Luft so sehr angesteckt, daß sie kaum noch Kraft gewinnen konnte, zu klingeln, so betäubt befand sie sich, bis ihre Kammerfrau, die zu ihrer Hilfe herbei geeilt war, de Fenster geöffnet, und die Blumen hinausgeworfen hatte.
Herr D. Forster erwähnt ( im Göttingischen Magazin ersten Jahrgangs. 2. St.) eines Mannes, der bis aufs Land reitete, unter Wegens den Wagen halten, und sich von seinem Bedienten eine Menge von starkriechendem Geißblatt aus den Hecken pflücken ließ. Es ward bei der Ankunft auf seinen Befehl ins Schlafzimmer ins Wasser gesetzt. In der Nacht erwachte der Mann, und war fast am Ersticken, konnte kaum sprechen, und hatte Mund und Nase voll vom Geschmack und Geruch des Geißblatts. Er würgte sich und rief: Caprifolium! (Geißblatt!) Seine Frau öffnete Thür und Fenster, und warf den Unglückstopf mit den Blumen auf die Strasse. Die frische Luft gab dem Manne Linderung, allein er fühlte eine Mattigkeit, und eine Art der Lähmung der Zunge, die zwei Tage lang und darüber anhielt, ehe er völlig genesen war. (…)
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