JANNUAR 2016
Was wir bei Starbucks heute übers Smartphone bezahlen und zum meistkonsumierten Getränk unserer Republik geworden ist, wird im Juni 1781 in den Waldeckischen Intelligenzblättern mit folgenden Worten beschrieben:
Vom Kaffee in Deutschland
Erst vor 3 Menschenaltern, oder nur gerade vor 100 Jahren, lernten wir in Deutschland dieses Getränke, aus Egypten und der Türken her, kennen.
Ungefähr vor 2 Menschenaltern fing es an, in den Städten, besonders im nördlichen Deutschland, allgemein zu werden. Über die nähere Veranlassung dazu, entsinne ich mich noch niergends etwas gelesen zu haben.
Aber erst seit einem Menschenalter gewöhnte sich, in einzelnen deutschen Provinzen, das gemeine Volck daran, drang sich der Kaffee aus den Städten gar in die Dörfer, wurde das tägliche Getränk des Armen wie des Bemittelten, verdrang andere vorhin gewöhnliche Nahrungsmittel, fing schon an die körperliche Constitution ganzer Völker sichtbar zu verderben und drohte mit noch fürchterlichern Folgen, wenn nicht die Vormünder der Völker, weise Regierungen, durch angemessene Verfügungen dem einbrechenden Uebel steuerten.
Die meisten sehen dieses Uebel 1.) blos von der Finanzseite an, die allerdings auch wichtig ist. Kaffee wächst in Deutschland nicht; auch westindische Kaffeeinseln hat Deutschland nicht: also ist alles Geld, was der Kaffee kostet, für Deutschland verloren. Nun rechne man nur allgemein: in einem deutschen Lande, das 800.000 Seelen hätte entstünden nur 100.000 Familien Kaffeetrinker; jede Familie verbrauchte nur des Tages ein Loth, aber noch geringer angeschlagen im Monat ein Pfund, das Pfund kostet 6 Mgr. (Mariengroschen), also 12 Pfund des Jahres für eine Familie, macht jährlich 2 Kthlr (Konventionstaler). Und für alle Familien 200.000 Kthlr. jährlich (noch ohne Zucker und Syrup). Diese neue jährliche Ausgabe, nur zehn Jahre so fortgesetzt: welche merkliche Entkräftung für eine Land, um 2 Millionen, ein einem Jahrzehnt, ärmer zu werden! Nun kommt noch die Zerrüttung hinzu, die dieses Getränke in der Privatfinanz einzelner Familien anrichtet. Einige trinken Kaffee nur nebenher: diese haben also des Jahres über eine neue Ausgabe mehr, vermutlich ohne auf einen neuen Erwerb zu raffinieren. Andern ist Kaffee, Syrup, Milch und Kartoffeln beinahe das Surrogat für alle andern vorhin üblichen Nahrungsmittel: die innländischen Erwerber der letztern haben also minder Absatz, seitdem ihre Landsleute die westindischen Negers, und deren Tyrannen, in Verdienst sitzen.
Aber dieses Uebel hat noch eine andere 2.) weit ernsthaftere Seite: es schaft allmälig die ganze deutsche körperliche Constitution um. Ein Arzt versichert, er getraue sich beinahe schon durch den ersten Anblick in einem Dorfe zu bestimmen, ob das Kaffetrinken dort schon seit Jahren allgemein sei. Die Leute hätten durchgängig das frische robuste Ansehen nicht mehr, sondern eine bleiche Farbe, und etwas schwächliches in der Miene. Die Bauernweiber bekämen Nervenkrankheiten, wie die Damen aus der Stadt, würden empfindsam, hysterisch u. v. w. . Da, wo man gar schon Kinder mit dünnem Kaffee aufzuziehen anfängt, müssen diese Folgen noch weit schneller und Merklicher kommen.
Sogar 3.) in der Arbeitsamkeit hat das Kaffetrinken des gemeinen Mannes einen nachteiligen Einfluss. Die Leute schwitzen leichter wie vorhin, und arbeiten also schwächer oder kürzere Zeit. Auch der blose Zeitverlust, den ein tägliches 2 bis 3 maliges Kaffeetrinken bringt, ist werth in Anschlag gebracht zu werden, so bald von 100tausend Kaffeetrinkern die Rede ist.
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